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Stresstraining

Die Frage, nach dem Sinn und Zweck realistischer Schadensdarstellungen und die Frage, für wen diese erforderlich sind, lässt sich nicht nur als allgemein mit dem Begriff „sinnvoll“ beantworten. Vielmehr gibt es drei handfeste Gründe, warum realistische Schadenslagen immer wieder einmal im jährlichen Übungsbetrieb der Einsatzkräfte eingespielt werden sollten:

Die FwDV 7 schreibt vor, dass bei der Aus- und Fortbildung von Atemschutzgeräteträgern sich die Einsatzkräfte sowohl an die mit dem Tragen von Atemschutzgeräten verbundenen erschwerten Einsatzbedingungen gewöhnen sollen, als auch sich gemäß den Einsatzgrundsätzen der FwDV  7 richtig verhalten und die Geräte technisch fehlerfrei handhaben können. Hierbei sind regelmäßig realistische Übungen anzusetzen, bei denen einerseits die Sicherheit im Umgang mit dem Gerät vermittelt wird und bei denen andererseits trainiert werden kann, in gefährlichen Situationen Ruhe und Besonnenheit zu bewahren.

Ein derartiges Stresstraining ist aber nicht nur für Atemschutzgeräteträger sinnvoll. Auch die übrigen Einsatzkräfte ohne Atemschutz sind in besonderen Situationen ihres Einsatzdienstes besonderen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt, die sich letztendlich nur mit realistischen Schadenslagen üben lassen. Hierbei geht es aber nicht um das Üben im klassischen Sinne (z.B. Beherrschung technischer Handfertigkeiten), sondern eher um ein richtiges Sich-darauf-Einstellen und Vorbereiten auf eine stressige und belastende Situation. Wer erwartet, dass sich Einsatzkräfte ohne entsprechendes Training in kritischen und vielleicht sogar lebensbedrohlichen Lagen immer zusammenreißen und das körperliche und mentale Durchhaltevermögen immer wesentlich steigern, wird sicherlich enttäuscht werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Einsatzkräfte besonderen plötzlichen Herausforderungen in einer solchen Lage nicht gerecht werden, ist relativ hoch. Dies trifft umso mehr zu, wenn die Einsatzkräfte ihre eigenen persönlichen Grenzen nicht genau kennen und nie gelernt oder geübt haben, sich diesen Grenzen anzunähern oder diese sogar zu überschreiten. Wer „zu lasch“ übt und gleichzeitig behauptet, im Einsatzfall würde man sowieso anders reagieren, muss sich die berechtigte Frage gefallen lassen, warum man sich im Einsatz plötzlich richtig verhalten würde, wenn man genau dieses richtige Verhalten nicht geübt hat und Übungsbetrieb immer wieder ein anderes Verhalten praktiziert und vielleicht sogar fälschlicherweise verinnerlicht hat.

In diesem Zusammenhang raten Fachleute, dass zur Erfahrung der eigenen Grenzen auch das Nachdenken über den sogenannten „eigenen wunden Punkt“ gehört. Jeder hat einen solchen Punkt und wer meint, keinen zu haben, kennt ihn bloß nicht. Die Annäherung an diesen wunden Punkt findet von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich statt und erfordert sehr unterschiedliche Voraussetzungen, um damit adäquat umgehen zu können. Daher eignen sich realistische Einsatzübungen besonders gut, um sich nicht nur auf die physischen, sondern auch auf die psychischen Belastungen eines möglichen Einsatzes vorzubereiten. Denn im Realfall kommt es darauf an, dass die eingesetzten Kräfte in einer vielleicht ohnehin schon kritischen Einsatzsituation, plötzlich nicht am eigenen wunden Punkt derart getroffen werden, dass ein qualifiziertes Weiterarbeiten nicht mehr möglich ist.